Weibel Franz Joseph Adolf * 6.7.1870 Muri, † 12.3.1952 Aarau

Kunstmaler, Professor für Kunstzeichnen an der Aargauischen Kantonsschule und am Lehrerinnenseminar Aarau, Konservator der Kantonalen Kunstsammlung. Sohn des Arztes und Direktors der Pflegeanstalt Königsfelden Dr. Adolf Weibel und der Cäcilia geborene Weissenbach von Bremgarten. Sein Grossvater, der Arzt und Bezirksamtmann Dr. Josef Weibel in Muri, war einer der markantesten Volksführer von 1830 (Kulturkampf im Kt. Aargau).

Von Königsfelden aus besuchte Adolf Weibel die Stadtschulen von Brugg und das Gymnasium der Kantonsschule in Aarau. Die Jahre 1890 bis 1891 verbrachte er zu Studienzwecken in Paris (Ecole Nationale des Art Décoratifs) und die folgenden in Karlsruhe und Basel (Kunstgewerbeschulen). 1897 wurde Adolf Weibel als Zeichenlehrer an die Bezirksschule in Aarau gewählt und 1912 in gleicher Eigenschaft an die Kantonsschule und an das Aargauische Lehrerinnenseminar in Aarau, wo er bis zu seinem Rücktritt 1935 tätig war.


Adolf Weibel

Adolf Weibel gab sein Bestes nicht nur in der Schule als Lehrer, sondern vor allem in seinem künstlerischen Schaffen als Maler. Um die Jahrhundertwende existierte im Aargau noch keine Vereinigung der bildenden Künstler. Als sich die Maler Bolens, Burgmeier, Steiner, Geiger und andere zu einer Gruppe zusammenschlossen, wählten sie Adolf Weibel zu ihrem Präsidenten. Er verstand es, der jungen Vereinigung, aus der die heutige Sektion Aargau der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten herausgewachsen ist, rasch Ansehen und damit die Grundlage einer blühenden Entwicklung zu verschaffen.


Brienzersee (Öl auf Leinwand)

Dem Aargauischen Kunstverein widmete Adolf Weibel lange Jahre seine Kraft und Zeit als Aktuar, und 1925 übernahm er, als Nachfolger von Karl Feer, das Amt des Konservators der kantonalen Kunstsammlung. Seinem guten Blick haben wir es weitgehend zu verdanken, dass in unserm Museum die zeitgenössische Schweizer Kunst vorbildlich vertreten ist. Werke von Amiet, Auberjonois, Blanchet, Giacometti, neben solchen der Aargauer Kollegen, belegen eindrücklich seinen in die Zukunft gerichteten, offenen Sinn und sein nie versagendes Qualitätsgefühl.

Er hat sich auch in der Vereinigung für Heimatschutz betätigt und steht hier in der Reihe der Gründer. In einer Zeit, da die Grundsätze des Natur- und Heimatschutzes von der grossen Mehrheit des Volkes abgelehnt und angefochten wurden, hat er als Obmann und Vorstandsmitglied es verstanden, durch seine vermittelnde Art viele Schwierigkeiten zu überbrücken. Sein Verständnis für das gute Neue bewahrte ihn davor, einseitig oder kleinlich alles Alte zu verteidigen.

Als Maler hat er früh Anerkennung gefunden, seine Bilder hangen in Museen und Privathäusern. Adolf Weibel war hauptsächlich Landschaftsmaler, aber bei aller Liebe und Gebundenheit an die Landschaft ist er in seiner Arbeit doch nie ihr Sklave geworden. Er verlor sich nicht in photographischer Gegenständlichkeit, ob er im Jura, an der Aare, im Mittelland, im Tessin oder am Mittelmeer malte, immer interessierte ihn vor allem die farbige Erscheinung der Dinge, ihre Harmonie, ihr Rhythmus, die Verteilung von Licht und Schatten. So hat sich seine Palette nie wesentlich geändert. Sie blieb bei allem Formenwandel hell, farbenfreudig, lebensbejahend. Neben der Landschaft hat er in seinem Schaffen keinem andern Thema einen nennenswerten Raum gewährt.

Mit 65 Jahren zog sich Adolf Weibel von seinem Lehramt zurück und einige Jahre später verzichtete er auf die Stelle des Konservators und gab seinen Austritt aus dem Kunstverein und der Vereinigung für Heimatschutz.

Seine Gemälde und und Aquarelle halten das Andenken wach an einen weltoffenen, stillen und gütigen Menschen, der mit seelischem Takt und innerer Anteilnahme vielen ein hilfreicher Freund war.

Louise Weibel-Mühlberg: Biographisches Lexikon des Aargaus 1803 – 1957


Erinnerungen von Peter Mieg (*1906 – †1990), Komponist und Maler, Lenzburg in „Den Pinsel schwingen“ (1984).

Ein dritter Zeichenlehrer war mir mit Adolf Weibel am Aarauer Gymnasium beschieden; auch er ein Original, kinderlos und oft auf Reisen mit seiner Frau Rosa. Er war einer der frühen Automobilisten, dessen Vehikel mit einer Hupe ausgerüstet war, die ein „Py“ von sich gab, weshalb er den Zunahmen Py bekam.
Er liess mich völlig frei malen, seien es Aspekte aus dem alten Aarau, seien es Stillleben, zusammengestellt mit den Requisiten aus den vielen Schränken im korridorähnlichen Nebenraum des Zeichensaales. Nie Korrekturen von seiner Seite, im Gegenteil, er fand, man könne es auch so machen. Nur ein einziges Mal brach er mit seiner weinerlichen Stimme aus: „Sie malen alles rot und blau“. Dies, als ich eine Aarauer Gegend in Rot und Blau umgesetzt hatte.

Das wohl grösste Verdienst von Adolf Weibel bei unsern Zeichenstunden war, die Klasse in die Ausstellungen, damals noch im Saalbau, zu führen und auf die Eigenschaften des Ausstellungsgutes, sei es von aargauischer, sei es von schweizerischer Herkunft zu machen. Er hatte ein hervorragendes Urteil und einen ausgesprochenen Qualitätssinn. Als ich 1983 im Kunsthaus Aarau alle die Bilder sah, die angekauft wurden, als Adolf Weibel Konservator war, musste ich mir sagen, dass diese Bilder ausschliesslich dank dem Urteil unseres Lehrers in die Sammlung gelangten.