Wyler Otto, * 30.3.1887 Mumpf, † 18.3.1965 Aarau

Maler, Zeichner und Grafiker.

Wandbild. Landschaften, Stillleben, Figuren und Porträts.

Der in Aarau aufgewachsene Otto Wyler, Sohn jüdischer Eltern, besuchte 1904-06 in seiner Heimatstadt die Fachschule für dekoratives Malen und Zeichnen am Kantonalen Gewerbemuseum. Auf Anraten seines Lehrers Eugen Steimer setzt Wyler anschliessend seine Studien in Paris an der Ecole nationale des Beaux-Arts bei den Lehrern Fernand Cormon, Jacques-Emile Blanche und Charles Cottet fort.Im Winter 1906-07 in München an der Malschule Heinrich Knirrs.

1907-08 wieder in Paris, im Atelier von Jacques-Emile Blanche.

Ab 1907 Mitglied der GSMBA Aarau.

1908 Ausstellung im Kunsthaus Zürich, zusammen mit Max Burgmeier und Ernst Bolens.

Der Kauf der Gitarrenspielerin durch das Wallraf-Richartz-Museum in Köln bedeutet einen ersten Erfolg.

  • 1913 erhält Wyler an der Münchner Sezessionsausstellung eine Goldmedaille.
  • 1917 heiratete er Betty Jaeger und zieht mit ihr nach Ftan ins Unterengadin, da sie dort eine Stelle als Lehrerin am Töchterinstitut antritt.
  • 1923 zurück in Aarau, erhält Wyler in den folgenden Jahren mehrere Aufträge für Wandmalereien.

Auf Reisen nach Paris, Südfrankreich, nach Marokko ( 1934, 1935) und Griechenland entstehen Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken. In den 20er Jahren entwickelt Wyler einen bis an sein Schaffensende tragfähigen malerischen Stil, der sich am Vorbild Cézannes orientiert: lichtvoll modellierte Bildnisse und Akte, räumlich klar gegliederte Landschaften mit vorwiegend erdfarbenen, zuweilen ins Silbergraue tendierenden Valeurs sowie die Bildfläche in freiem Rhythmus überspielende Stilllebenkompositionen.



Juralandschaft

Beispiele von Plakat-Lithographien

Aus: „Aargauer Almanach auf das Jahr 1975“ Verfasser: Heiny Widmer und Mitarbeiter (leicht abgeändert von A. G.)

Otto Wyler hatte seine erste Ausbildung wie Bolens durch die Steimersche Schule erfahren und war dann für einige Zeit nach Paris und München gegangen. 1908 kehrte er nach Aarau zurück und verliess seine Vaterstadt mit Ausnahme eines längeren Kuraufenthaltes (1917-23) in Fetan (Ftan) nie mehr.

Seine ersten Bilder verraten den geborenen Maler. Wyler war damals 19 Jahre alt und bereits kündigte sich eine Persönlichkeit an, die Sensibilität des Erschauens mit Feinheit und zugleich Kraft der Darstellung verband. Das Jugendwerk darf als ein ausgezeichnetes Werk impressionistischer Malerei angesprochen werden. Wylers Intelligenz und seine überlegene Persönlichkeit liessen ihn bald zu einer dominierenden und unverwechselbaren Gestalt Aaraus werden.

Malen und malen können im alten Sinn des Wortes waren für ihn so selbstverständliche Tätigkeiten wie Essen und Trinken, und er hätte sich nicht im Entferntesten vorstellen können, was anderes er hätte tun sollen in seinem Leben. Als junger Mensch war er nicht nur allen damals möglichen Einflüssen offen und zugleich im Stande, sie auch handwerklich zu meistern; er war auch stark genug, sie hinter sich zu bringen und in den besten Werken einen unverwechselbaren Ton anzuschlagen. So sind in dieser Periode beispielsweise Hodler und durch Hodler Amiet zwar sichtbar, aber zugleich aufgehoben durch Wylers malerisches Temperament.

Von 1920 an findet Wyler seine ihm adaequate Ausdrucksweise und von nun an spielte die atmosphärisch dichte Darstellung der heimatlichen Landschaft die Hauptrolle in seinem Schaffen. Beneidet wurde er von seinen Aargauer Kollegen um die reiche Palette seiner Silber- und Grautöne, die er „von Paris mitgebracht hatte“ (Paul Eichenberger).

Darüber hinaus brachte Wyler von seinem Marokko-Aufenthalt 1934/35 Bilder nach Hause, welche die Wandelbarkeit seiner Palette zeigen: Sein Instinkt erfasste sofort die verwandelte Szene, und so wie er vorher in den Grün- und Grautönen der Aargauer Landschaften sein Können hatte spielen lassen, so entfaltete er in Marokko mir der ganzen Intensität seiner Empfindung den Reichtum der Ocker-, Braun-, und Gelbtönungen, schilderte treffend die Gestalten der Eingeborenen, ohne sich und seine Handschrift verleugnen zu müssen.

Bis ins hohe Alter war er tätig. Spätere beschwerlichere Jahre fanden Wyler in seinem Atelier sitzend, von der Anhöhe der Schanz aus in den Jura blickend. Unablässig malend, suchte in neuen Entwürfen der Lösung seiner malerischen Probleme näher zu kommen, immer im Bewusstsein, nur einen Bruchteil realisiert zu haben von dem, was ihm zu geben aufgetragen war. In seinen besten Stunden war er der Mann eines trockenen, ironisch-treffenden Humors, der auch vor der eigenen Persönlichkeit nicht Halt machte. Stets war er ein überlegener Mensch, der seinen Stellenwert kannte und ihn auch ohne überheblich zu sein vertrat.


Erinnerungen von Peter Mieg (1906-1990), Komponist und Maler, Lenzburg in „Den Pinsel schwingen“ (1984).

Auf einer jener Saalbau-Ausstellungen um 1925 sah ich auch zwei Bilder von Otto Wyler, deren eines „Nelken vor hellem Grund“, deren anderes „Nelken vor dunklem Grund“ hiess. Es waren unzweideutig die gleichen Blumen, doch wie verschieden nahmen sie sich vor den wechselnden Hintergründen aus! Die Art, wie Wyler die Nelken farbig umgewertet und zu den Gründen in Beziehung gesetzt hatte, fesselte mich: Die Bedeutung der Farbe wurde mir bewusst.

Jenes Rot und Blau einerseits, jenes Grau in seinen leisen Stufen andererseits gaben mir zu denken: Wie war es möglich, sich malerisch in so auffällig gegensätzlichen Mitteln auszudrücken? Ich bin altmodisch genug, auch heute noch an das „Kunst kommt von Können“ zu glauben, heute, wo Könnerschaft überhaupt nicht mehr zählt.

Mit dem Maler kam ich wohl erst einige Jahre danach ins Gespräch; er setzte mir seine künstlerischen Probleme auseinander, besah auch mehrere meiner Arbeiten, deren „dekorative“ Eigenschaften er vor allem hervorhob. Für einige Zeit überliess er mir ein in Nizza begonnenes Blumenstück mit Nelken vor Meerhintergrund. Das Bild war nicht vollendet, hatte aber genügend innere Spannung, um als fertige Komposition zu gelten. Später nahm er es wieder zu sich, um es zu beenden. Als ich es in seinem endgültigen Zustand sah, fehlte mir jene Besonderheit der nichtfarbigen Flächen, und die Frage des non-finito beschäftigte mich lange, nicht nur damals, sondern bis auf den heutigen Tag.