Schmid Wilhelm, * 7.2.1892 Remigen, † 1.12.1971 Brè sopra Lugano

  • 1892 wird er in Remigen (AG) als uneheliches Kind geboren und wächst in bescheidenen Verhältnissen bei verwandten Weinbauersleuten auf.
  • Nach Schulabschluss beginnt er eine Lehre als Maschinenzeichner bei Brown Boveri in Baden, die er aber abbricht.
  • Nun absolviert er eine Ausbildung als Bauzeichner beim renommierten Brugger Architekten Albert Froelich (1876 – 1925). Dieser kann nicht nur in der Schweiz bedeutende Projekte bauen (Brugg: Krematorium und Friedhofhalle, Bahnhof SBB, Vindonissa-Museum, Stapferschulhaus; Aarau: Krematorium und Friedhof Rosengarten; Zürich: Krematorium Sihlfeld), sondern auch international erfolgreich Projekte in Paris, Rom und Berlin realisieren.
  • 1910-11 ist Wilhelm Schmid bereits mit 18 Jahren selbständiger Architekt in Zürich, wo er sich mit einem Aquarell auch erstmals an einer Ausstellung beteiligt.
  • 1911 besucht er am Technikum Winterthur einen Kurs in Figurenzeichnen, bleibt abgesehen davon als Künstler aber weitgehend Autodidakt.
  • 1912 emigriert er nach Berlin.
  • 1914-18 arbeitet Schmid in verschiedenen Architekturbüros, u.a. bei Bruno Paul und als Atelierchef bei Paul Renner in Berlin, beides erfolgreiche Architekten der Moderne. Schliesslich auch bei Peter Behrens (1868-1940), der zu den bekanntesten Architekten Deutschlands gehört und als führender Vertreter des modernen Industriedesigns gilt.
  • 1917 bestreitet er seine erste Einzelausstellung in der Münchner Galerie Goltz, zusammen mit Ludwig Meidner.
  • 1918 heiratet er die Kammersängerin Miriam Metz. Wohl mitunter von der künstlerischen Aufbruchstimmung in Berlin angezogen und mit an Hodler orientierten Kunstvorstellungen dort angekommen, zählt Wilhelm Schmid alsbald zum Kern einer aktiven Szene und wird nach Kriegsende Mitbegründer der Novembergruppe, einer Künstlervereinigung von «Revolutionären des Geistes».
  • 1919-21 unternimmt er Studienreisen ins Tessin, nach Rom und Florenz. Dabei kommt er in Berührung mit der Pittura Metafisica der Künstler um die Zeitschrift Valori Plastici.
  • ab 1920 wird er von der Kritik als Pionier der Neuen Sachlichkeit gefeiert und erlangt grössere Bekanntheit.
  • 1922 nimmt er den Bau seines «Etappenhauses» in Potsdam auf, das kontinuierlich zur Villa erweitert wird.

  • 1923 wird er mit einer Monografie gewürdigt, in der er sich selbst als «Schweizer und Bauer» bezeichnet.
  • 1924-30 lebt er hauptsächlich in Paris. Hier stösst seine Kunst eher auf Unverständnis, auch wenn Elemente der zeitgenössischen französischen Malerei in seine Bildsprache Eingang finden. In Berlin gerät er etwas in Vergessenheit, obwohl er sein dortiges Atelier bis 1927 behält und weiterhin in Deutschland sowie mit der Novembergruppe ausstellt.
  • 1930 hält er sich wieder vorwiegend in Berlin auf. Die Wirtschaftskrise der Weimarer Republik trifft auch die Künstler hart. Schmid bemüht sich um den Verkauf seiner Bildersammlung und des Potsdamer Hauses. Er engagiert sich erneut im Ausschuss der Novembergruppe. Eine Auswahl der über ihn erschienenen Kritiken wird in Buchform publiziert.
  • 1932-35 bringt er es zu beachtlichen Ausstellungstourneen und erhält sehr gute Kritiken, gerät allerdings auch zunehmend als «Kulturbolschewist» unter Beschuss. 1933 verbieten die Nationalsozialisten die Novembergruppe, und der Stil der Neuen Sachlichkeit ist ihnen suspekt.
    Das Leben in Deutschland wird für Schmid und seine jüdische Frau immer schwieriger – der Künstler weicht dem Druck durch längere Aufenthalte im Tessin aus.
  • 1937 gilt er in Wolfgang Willrichs Schmähschrift «Säuberung des Kunsttempels» als «entartet».
  • 1938 sieht er sich gezwungen, Deutschland zu verlassen, und lebt zunehmend isoliert im Tessin, wo er später auf dem Monte Brèein bescheidenes Haus erwirbt. Sein Bemühen, mit ländlichen Sujets den Zeitgeist der «geistigen Landesverteidigung» zu treffen, fruchtet nicht – eine Auseinandersetzung der Schweizer Kunstkritik mit Wilhelm Schmids Schaffen bleibt aus.
  • 1945 fallen im Bielefelder Kunsthaus-Keller von 200 Gemälden und Zeichnungen 178 einem Bombenangriff zum Opfer.
  • 1946 malt er für die XXI. Nationale Kunstausstellung in Genf La Cena, eine profane Paraphrase des letzten Abendmahls. Nach entbrannter Kontroverse bewirkt ein bundesrätliches Veto die Entfernung des stattlichen Bildes (248cmx540cm), welches an der XXII. NKA 1951 in Bern schliesslich doch noch ausgestellt wird.


La Cena (Ausschnitt) Format: 248cm x 540cm

  • 1947-52 versucht er verzweifelt, nach Berlin zurückzukehren, doch die Kunst geht nach dem Zweiten Weltkrieg andere Wege. 1952 wird Schmid in Berlin eine letzte, kleine Retrospektive gewidmet.
  • 1963 grosse retrospektive Ausstellung zum 70. Geburtstag im Aargauer Kunsthaus in Aarau (Konservator Guido Fischer).
  • 1970 wird er mit einer Retrospektive im Museo Civico in Lugano bedacht. Um 1970 erblindet der Maler.
  • 1971 stirbt er als Ehrenbürger von Brè sopra Lugano (TI). In Deutschland ist Wilhelm Schmid beinahe vergessen.
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Schmid_(Maler)

Wilhelm Schmid, der magische Realist.

Die Bauernmetzgete gehörte zu den Themen, die der Künstler in verschiedenen Variationen und Techniken dargestellt hat. Die Tätigkeit wird zu einer beinahe sakralen Handlung stilisiert. Sie zeigt die grosse Bedeutung dieses Anlasses in jener kargen Zeit, welche durch die zwei Weltkriege geprägt war. Es sei in diesem Zusammenhang auf das Bild von Charles Welti mit gleichem Thema hingewiesen. Auch da werden die Verrichtungen mit einem fast heiligen Ernst zelebriert.


Bauernmetzgete

Beliebte Bildinhalte waren auch Stillleben und Landschaften.


Stillleben mit Quitten

Blick vom Balkon des Hauses auf dem Monte Brè in Richtung Damm von Melide. Wilhelm Schmid hatte es als Ruine nach dem 2. Weltkrieg gekauft und anschliessend eigenhändig renoviert. Es dient heute als Museum und umfasst sowohl Gemälde als auch Keramiken des Künstlers. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall!

 

Die Vase mit der Inschrift „S. M.“ („Santa Maria“) findet in Wilhelm Schmids Schaffen immer wieder Verwendung. Im Museum steht das Original in einer Nische.

 


Das Grabmal auf dem Friedhof von Monte Brè.
Wilhelm Schmid hat dazu „La Cena“ verkleinert und als Mosaik gestaltet.

Zu Wilhelm Schmids Leben und Schaffen sind eine Vielzahl von Publikationen erschienen. Besonders empfehlenswert und noch immer erhältlich ist:

Wilhelm Schmid (1892–1971). Ein Pionier des magischen Realismushrsg. von Patricia Nussbaum mit Texten von Patricia Nussbaum, Uli Däster u. a. Olten: Kunstmuseum Olten, 2007 ISBN: 978-3-906651-35-4, 116 S., farbige Ill., 29 cm CHF 38.-, zuzügl. Verpackung + Porto > bestellen